Der Kanarienvogel

Foto Brigitte Fuchs

 

Ich sprang von meinem Holm
In den Silberring.
Da schlugen grosse Uhren durchs Zimmer,
Und oft vom Flügel
Kam riesige Wonne her.
Es waren Wesen da
Mit Paradiesesstimmen,
Die brachten früh mein gelbes Bad.
Sonst kamen nur Wolken genaht
Und der Fensterbaum immer.
Einst schwebten Augen auf mich herab,
Da schwirrte ich in meinen kleinen Sand.
War müd‘ und tot.
Was bin ich noch da?

 

Franz Werfel (1890-1945) österreichisch-US-amerikanischer Schriftsteller jüdischer Herkunft

 

Und dann noch dies:

 

Die Träume der Ziervögel

Das Glück durchzieht die Träume
der Ziervögel in hellen Streifen.
Daher ihr Gesang ihr Jauchzen
von Schulter zu Schulter.
Ihre Gespräche nehmen den Tag ein
mit gefiedertem Glanz.
Einzig das Fenster stellt sie vor
offene Fragen.

 

Brigitte Fuchs
In „Suchbild mit Garten“ Gedichte, Kukuruz Verlag Lüchingen 1998

 

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27 Antworten auf Der Kanarienvogel

  1. merlin sagt:

    ja, ziervögel können raumeinnehmend und auch dominant sein.
    als ich knabe war, hatten wir immer wellensittiche. es war das, was in einer kleinen wohnung möglich war.
    glg. ond e guete wochestart.

  2. Quer sagt:

    Danke Merlin.
    Auch wir hatten damals Wellensittiche, blau und gelb. Ihr Gezwitscher habe ich noch im Ohr…
    Hab auch einen guten Wochenbeginn! Und sei lieb gegrüsst!

  3. mona lisa sagt:

    Das ist ja mal ein Prachtexemplar !
    Dennoch mag ich Vögel lieber in der Natur.
    Da gefällt mir auch ihr zeitweilige Geflattere, nicht aber in der Wohnung, im Haus.
    Dir einen hellen, fröhlichen Wochenstart

  4. Quer sagt:

    Auch ich würde heutzutage keine Tiere mehr in Käfigen halten wollen. Sie gehören in die Natur.
    Früher hat man sich wenig Gedanken darum gemacht.
    Dir ebenfalls einen Wochenstart nach Mass!

  5. Hausfrau Hanna sagt:

    Ein fein vergittertes Fenster,
    liebe Frau Quersatzein,
    und ein gelber Kanarienvogel. Der sich frei träumt…?

    Ich bin leise verunsichert, ohne Worte – aber mit offenen Fragen.
    Das lasse ich nun einfach so stehen und werde beide Gedichte nochmals lesen.

    Jetzt noch einen herzlichen Gruss in den letzten Septembertag
    Hausfrau Hanna

  6. Quer sagt:

    Na ja, liebe Hausfrau Hanna, die Texte des Expressionismus machen uns das Verstehen nicht immer leicht. Die heutige Lyrik wohl auch nicht…
    Aber das Freiträumen haben Sie sich bravourös erschlossen! Das blitzt hier stark auf.

    Ihnen auch liebe Grüsse zum Septemberende.

  7. PepeB sagt:

    Wunderschöner Vogel, er sieht aus, wie gemalt.
    Ich bin eine Zeit lang mit Kanarienvögeln aufgewachsen, unser Vermieter hielt sie in kleinen und großen Käfigen.
    Ihr Gesang war toll, das eingesperrt sein hat mich immer traurig gemacht.
    Aber sonst singen sie angeblich nicht so schön …
    Nachdenkliche Grüße
    Petra

  8. Quer sagt:

    Ach, wir sind so ambivalent in diesen Fragen.
    Man müsste die hübschen Sänger nach ihrem Befinden befragen können…

    Nachdenkliche Grüsse auch von mir zu dir.

  9. ingrid sagt:

    ja. früher hat man sich viel weniger gedanken gemacht, wie tiere sich fühlen. eingesperrt in käfige. und der gesang ist vielleicht eine freiheitsarie.

  10. ingrid sagt:

    liebe grüße zu dir
    ingrid

  11. Quer sagt:

    Freiheitsarie, oh wie passend!
    Die würde ich als eingesperrter Vogel auch schmettern…
    Dank und Gruss zu dir.

  12. Gerhard sagt:

    Die Träume der Ziervögel müsste man mal erfahren. Sie werden wohl welche haben, das glaube ich.

    Schönen Montag
    Gerhard

  13. Quer sagt:

    Auch ich bin mir fast sicher, dass sie welche haben.

    Danke, Gerhard, und ebenfalls einen schönen Wochenbeginn!

  14. Klaus-Dieter Kowalsky sagt:

    sie sehen immer sehr toll aus, unser Letzter wurde 16 Jahe und hat so schön gesprochen, passe bloß gut auf dich auf, es ist sehr stürmisch, Klaus

  15. Quer sagt:

    Wie schön, dass euer Kanarienvogel sprechen konnte!
    Bei uns ist der Wind nicht allzu stürmisch, jedenfalls zur Zeit.
    Lieben Gruss zu dir.

  16. Gundel Lein sagt:

    Ja. Erst zwitschern sie schüchtern, ganz zaghaft. Und dann, wird ihr Piepen lauter.. dann schwatzen sie. (:
    In diesem kleinen Körper ist so unendlich viel von erwachendem und munterem Leben.
    Sei lieb gegrüßt 👒
    Gundel

  17. seelenruhig sagt:

    Eine Farbe wie meine neue Jacke!!! Vögel mag ich lieber draußen als im Käfig sehen! Das ist der Inbegriff von Unfreiheit.
    liebe Grüße von Ellen

  18. Quer sagt:

    Ganz genau. Die schöne ziervogelfarbene Jacke, die du kürzlich im Blog zeigtest, habe ich auch vor Augen. 🙂
    Und ich halte es im Übrigen wie du: Vögel sind mir am liebsten in Wald, Feld und Flur.
    Herzliche Retourgrüsse zu dir.

  19. Szintilla sagt:

    Was für ein schöner Vogel. Ich wuchs auf mit Kanarienvögeln, vor allem mit dem Harzer Roller – und nein, das ist kein Käse, es ist eine besondere Züchtung von Kanariienvögel. 🙂 Mein Opa züchtete sie in den 50ern, neben allerlei unterschiedlichen Waldvogelarten.
    Früher fand ich das toll, heute kommt mir kein käfiggehaltenes Tier mehr in die Wohnung. Ich mag nämlich auch nicht eingesperrt sein.

    Lieben Grüße,
    Szintilla

    Hier kann man einen Harzer Roller trällern hören.
    https://www.youtube.com/watch?v=Kn5rc3UYSPs

    • Quer sagt:

      Feine Kindheitserlebnisse sind das, Szintilla. So ein Opa steht natürlich sehr gut da bei den Enkelkindern.
      Danke auch für die Gesangsprobe des Harzer Rollers. Toll!

      Und schönen Gruss in den Abend hinein.

  20. Britta sagt:

    Vögel in Käfigen machen mich meist traurig. Freiträumen tut auch uns Menschen gut. Zur Zeit machen wir das grad in Korsika am Meer:-)
    Heitere Urlaubsgrüsse Britta

  21. Quer sagt:

    Fürs Freiträumen eignet sich Korsika bestimmt bestens.
    Euch allen wünsche ich Sonne, Meer, Strand und Erlebnisse pur!
    Geniesst die gemeinsamen Tage!
    Herzlichen Gruss vom Binnenland.

  22. Syntaxia sagt:

    Mein Vater züchtete sie in den 70ern in einer Voliere. Er hatte nur mäßigen Erfolg.
    Heute bin ich jeden Tag dankbar und froh, dass unsere Balkonvögel so nah kommen und sie dennoch ihre Freiheit haben. Derzeit wird der Nistkasten von einem Kohlmeisenhahn markiert. Er will demnächst die Nächte dort verbringen. Uns freut es!

    Liebe Grüße,
    Syntaxia

  23. Quer sagt:

    Du scheinst aber viel Wissen von deinem Vater aufgenommen und verinnerlicht zu haben…
    Danke und lieben Gruss.

  24. Helmut Maier sagt:

    Ja, die Vögel, sie sprechen ja auch! Ob wir sie richtig verstehen, weiß ich nicht. Jedenfalls können sie uns e t w a s sagen, was uns gut tut.

    Liebe Grüße
    Helmut

  25. Quer sagt:

    Das meine ich auch. Ihre Sing- und Sprechweise mögen wir in der Regel sehr.

    Lieben Gegengruss.

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