Monatsarchive: Januar 2025
In Wirklichkeit
Foto Brigitte Fuchs
Es ist ein sehr gewöhnlicher und weit verbreiteter Aberglaube, dass jeder Mensch ganz bestimmt ausgeprägte Eigenschaften habe, dass es also schlechtweg gute, böse, kluge, dumme, energische, apathische usw. Menschen gebe. In Wirklichkeit sind die Menschen nicht so beschaffen. Wir können von einem Menschen nur sagen, dass er häufiger gut als böse, häufiger klug als dumm, häufiger energisch als apathisch ist und umgekehrt; es wird der Wahrheit nicht entsprechen, wenn wir von dem einen Menschen sagen, er sei immer gut oder klug, und von einem andern, er sei immer böse oder dumm. Gleichwohl teilen wir die Menschen immer so ein – wie gesagt, mit Unrecht. Die Menschen sind wie die Ströme: das Wasser ist in allen gleichartig, überall ein und dasselbe, doch jeder Strom ist bald schmal und schnellfliessend, bald breit und langsamfliessend, ist abwechselnd rein, kalt, trübe oder warm.
(…)
Leo Tolstoi (1828-1910) russischer Schriftsteller
Aus „Auferstehung. Erstes Buch“
Foto Brigitte Fuchs
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Buchfink
Foto Brigitte Fuchs
Ein kleiner Buchfink
sitzt im Schnee – vielleicht ist das
sein erster Winter
Brigitte Fuchs
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Nebel
Fotos Brigitte Fuchs
Wenn es von der Sonnenwärme aus den Tälern und Wäldern dampft, wie warm schwillt da auch das Menschenherz! Diese phantasieschwangeren Nebel, was gebären sie alles!
Richard Dehmel (1863-1920) deutscher Schriftsteller, Lyriker, Dramatiker und Kinderbuchautor
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Die Zeit geht nicht
Foto Brigitte Fuchs
Die Zeit geht nicht, sie stehet still,
Wir ziehen durch sie hin;
Sie ist ein Karavanserei,
Wir sind die Pilger drin.
Ein Etwas, form- und farbenlos,
Das nur Gestalt gewinnt,
Wo ihr drin auf und nieder taucht,
Bis wieder ihr zerrinnt.
Es blitzt ein Tropfen Morgentau
Im Strahl des Sonnenlichts;
Ein Tag kann eine Perle sein
Und ein Jahrhundert nichts.
Es ist ein weisses Pergament
Die Zeit, und jeder schreibt
Mit seinem roten Blut darauf,
Bis ihn der Strom vertreibt.
An dich, du wunderbare Welt,
Du Schönheit ohne End‘,
Auch ich schreib‘ meinen Liebesbrief
Auf dieses Pergament.
Froh bin ich, dass ich aufgeblüht
In deinem runden Kranz;
Zum Dank trüb‘ ich die Quelle nicht
Und lobe deinen Glanz.
Gottfried Keller (1819-1890) Schweizer Schriftsteller, Dichter und Politiker
Foto Brigitte Fuchs
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Winterwanderung
Fotos Brigitte Fuchs: Känerkinden, Basel-Landschaft
Da liegt sie, die grosse Pastete,
Die weite Landschaft vor mir,
Herr Winter, der wack’re Konditor,
Versah sie mit Schmuck und Zier.
Dass er so viel Zucker streute,
Geschah den Kindern zulieb,
Doch was er mit glitzernder Reimschrift
Darauf und darüber schrieb –
Das ist für den Wanderer,
Das ist für mich, für mich,
Und ich deut‘ und entziff’re
Die Schrift auch Strich für Strich.
Das nichtigste Ding erglänzet
Im Strahl des Sonnenlichts,
Was macht nach diesem Exempel
Manch Einer aus seinem Nichts!
Drauf krächzt die heisere Dohle,
Ich nick‘ und lache dazu,
Im Thale wirds trüb und neblig,
Es ballt sich der Schnee am Schuh –
(…)
Franz Stelzhamer (1802-1874) österreichischer Dichter und Novellist
Erste fünf von 14 Strophen seines Gedichtes „Winterwanderung“
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Drei Könige, drei Kronen
Foto Brigitte Fuchs
Meine Krone heisst Zufriedenheit.
Eine Krone, die selten Könige erfreut.
William Shakespeare (1564-1616) englischer Dichter, Dramatiker, Schauspieler und Theaterleiter
Es ist nicht die Krone und das Reich, was einen König macht.
Novalis (1772-1801) deutscher Lyriker
Der Krone würdig sein, ist mehr, als Kronen tragen.
Johann Friedrich von Cronegk (1731-1758) deutscher Dichter und Schriftsteller, ansbachischer Hof-, Regierungs- und Justizrat
Alle drei Sätze gelesen bei Aphorismen.de
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Winterspiele
Fotos Brigitte Fuchs
An den Winter
Willkommen, lieber Winter,
Willkommen hier zu Land!
Wie reich du bist, mit Perlen
Spielst du, als wär‘ es Sand!
Den Hof, des Gartens Wege
Hast du damit bestreut;
Sie an der Bäume Zweige
Zu Tausenden gereiht.
Dein Odem, lieber Winter,
Ist kälter, doch gesund;
Den Sturm nur halt‘ im Zaume,
Sonst macht er es zu bunt!
Elisabeth Kulmann (1808-1825) hochbegabte, doch sehr früh verstorbene deutsch-russische Dichterin
Fotos Brigitte Fuchs
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Wärme
Foto Brigitte Fuchs
Das Wort „erwärmen“ ist ein gar prächtig, herrliches Wort.
Wärme ist Leben, Kälte ist Tod.
Jeremias Gotthelf (1797-1854) Schweizer Pfarrer und Schriftsteller
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Gedicht für einen Wintertag
Foto Brigitte Fuchs: Beromünster
Es sieht ringsum nach Winter aus
mit etwas Schnee und Windgebraus.
Die Krähe, sie sitzt hoch im Baum,
sitzt ruhig da, bewegt sich kaum.
Vielleicht steht ja die Erde still,
wenn man es wünscht und wirklich will.
Und sei es nur für diese Zeit,
die endlos scheint, so hell, so weit.
Brigitte Fuchs
Foto Brigitte Fuchs
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Die Zukunft
Fotos Brigitte Fuchs
Die Zukunft, sie sei rosenrot zumeist,
damit du froh und glücklich seist!
Brigitte Fuchs
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