Foto Brigitte Fuchs
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Der Abend kommt von weit gegangen
Der Abend kommt von weit gegangen
durch den verschneiten, leisen Tann.
Dann presst er seine Winterwangen
an alle Fenster lauschend an.
Und stille wird ein jedes Haus:
die Alten in den Sesseln sinnen,
die Mütter sind wie Königinnen,
die Kinder wollen nicht beginnen
mit ihrem Spiel. Die Mägde spinnen
nicht mehr. Der Abend horcht nach innen,
und innen horchen sie hinaus.
Rainer Maria Rilke (1875-1926) österreichischer Lyriker
Aus der Sammlung „Gaben an verschiedene Freunde“
innen und aussen – bei rilke immer wieder thema.
interessant ist, dass das einzige maskulinum ‚der abend‘ ist.
ein vater kommt nicht vor. es scheint diese stimmung wird sanfter von den frauen und kindern abgebildet.
in der stube lausche ich nach draussen, wo der wind durch die bäume fegt.
sonst ist noch ruhe im haus 😉
einen herzlichen morgengruss zu dir.
Danke für deine Ausführungen, Merlin. Interessant, was du aus dem Gedicht „herausgelesen“ hast.
Rilke war, so viel ich weiss, vor allem mit Frauen umgeben und wurde von von ihnen umsorgt und umschwärmt. Das mag eine Rolle gespielt haben.
Geniesse die Ruhe! Auch hier ist noch keinerlei Unruhe oder gar Hektik zu spüren.
Einen lieben Gruss vor dem Fest.
ein moment des innehaltens, nur alte menschen, frauen und kinder werden gesehen. was tun die männer? ich werde darüber nachdenken, der mann rilke war jedenfalls ein achtsamer beobachter. herzlichen gruß für dich, liebe brigitte, die du die türe weit geöffnet zeigst, danke, roswitha
Rilke war ganz sicher ein exzellenter Beobachter.
Vielleicht gingen die Männer noch dem späten Tagewerk nach oder holten den Christbaum im Wald. ;–)
Ein Dankeschön und einen lieben Gruss zurück zu dir, Roswitha.
Rilke schrieb einmal –
„Und vielleicht sind die Geschlechter verwandter, als man meint, und die große Erneuerung der Welt wird vielleicht darin bestehen, daß Mann und Mädchen sich, befreit von allen Irrgefühlen und Unlüsten, nicht als Gegensätze suchen, sondern als Geschwister und Nachbarn, und sich zusammentun als Menschen, um einfach, ernst und geduldig das schwere Geschlecht, das ihnen auferlegt ist, gemeinsam zu tragen.“
In der Fülle der Bücher, die ich von ihm habe, finde ich gerade nicht, in welchem er dies schrieb… Zumindest schreibt er in dem Gedicht: die Alten in den Sesseln sinnen – lach, da könnten auch Männer gemeint sein..
Egal, ich schätze seine Werke sehr. Danke, liebe Brigitte, für dieses.
Dir weiterhin eine beseelte Zeit
mit allem Guten, Schönen.
Herzliche Grüße zu dir
von mir.
Schönen Dank, Edith, für diese erhellende Aussage von Rilke.
Und ganz richtig, auch die alten Männer könnten sinnend in den Sesseln sitzen.
Ja, auch ich schätze Rilkes Werk sehr.
Dir ebenfalls freudig-beschauliche Weihnachtstage und liebe Grüsse.
Wie wunderbar es Rilke versteht, die Abendstimmung einzufangen … Die Stille zwischen den Zeilen.
Liebe Grüße
Petra
Du sagst es, Petra: Das sind meisterhafte Zeilen vom grossen Poeten.
Sei herzlich gegrüsst!
Sehr feine Beobachtungen von Rilke, der wohl als ein Brückenbauer zwischen den Menschen empfunden werden kann. Früh hat er begriffen, dass alle Menschen Geschwister sind: Gemeinsam unsere menschlichen Aufgaben tragen, ja, das ist es … Danke für die Ausführungen dazu an Edith!
Gerade in Zeiten wie diesen sind Rilke’s Gedanken solche, die es sehr zu achten gilt.
Ich freue mich darüber, wie Du sein Gedicht mit Deinem feinen Bild in Verbindung bringst, liebe Brigitte.
Einen gut verbrachten Tag wünsche ich Dir!
C Stern
Besten Dank, C Stern.
Ich kann deine Einschätzung, was Rilke betrifft, nur bestätigen.
Hab auch einen guten Tag und sei lieb gegrüsst!
Gern doch, du Liebe, seine Gedanken sind immer wieder Bereicherung. ❤
Ein Nachtrag noch zu deinem Kommentar, Edith: Beim Zitat handelt es sich offenbar um Zeilen aus einem Brief Rilkes an Franz Xaver Kappus. (Das habe ich im Internet hoffentlich richtig recherchiert.)
Super, liebe Brigitte, da muss ich meinen Fundus Rilke nicht durchwühlen, lächel, danke für die Recherche.
Gerne! :–)
Ja, nach innen horchen –
das ist manchmal eine sehr sinnvolle Beschäftigung 😉
Wünsche dir einen nicht zu hektischen Samstag.
Genau. :–)
Einen erfreulichen Samstag wünsche ich dir auch, Mona Lisa.
Hektik kommt hier und heute sicher nicht auf.
Wie schön,
liebe Frau Quersatzein,
es wäre, wenn der von weit her durch den verschneiten Tann kommende Abend zu Weihnachten noch etwas von diesem Schnee mitbringen würde!
Ein Wunsch, der leider nicht in Erfüllung gehen wird…
Lieben Gruss in den windigen Samstag
Hausfrau Hanna
Das Weiss zu Weihnachten müssen wir vergessen, liebe Hausfrau Hanna.
Aber die Freude lassen wir uns dennoch nicht verderben.
Einen lieben Gruss durch Wind und Wolken.
Ein Entgegenhorchen beiderseits 🙂
Liebe Grüße Gerhard
Ja, genau. Ein gegenseitiges Horchen. 🙂
Lieben Gruss zurück.
„und innen horchen sie hinaus“ – die Menschen am Abend, als es noch kein Fernsehen gab (oder dann gerade?)
Liebe Brigitte, ich danke dir für alle die Anregungen, zu denen ich keinen Kommentar abgab – und für die anderen erst recht!
Liebe Grüße zu Weihnachten morgen!
Helmut
Gern geschehen, Helmut.
Und dir ein Dankeschön für diesen und alle früheren Kommentare.
Sei froh und weihnachtlich zurück gegrüsst!
Das sind so feine Zeilen, ich bleibe auch an der Formulierung hängen:
„Der Abend horcht nach innen,
und innen horchen sie hinaus“,
Aber auch schon zu Beginn, dass der Abend herankommt, das ist so schön ausgedrückt. Bildhaft den Abend zu einer „Persönlichkeit“ gemacht, die dazugehört, wie ein Mitglied dieser beschriebenen Gesellschaft.
Liebe Grüße am Mittag,
der hier glücklicherweise sehr still daherkommt,
Syntaxia
Ja, der personifizierte Abend in diesem Text ist speziell und anrührend zugleich.
Liebe, ruhige Nachmittagsgrüsse zu dir.
So wunderschöne Zeilen – zum Innehalten und nachsinnen. Das passt perfekt zu dieser Zeit.
Heitere Grüße
Britta
Das finde ich auch, Britta.
Und solche Stimmungsgedichte bleiben wohl immer aktuell. :–)
Sei heiter zurückgegrüsst!
Rilke darf auch an Weihnachten keinesfalls fehlen!!!
Danke für deinen schönen Adventskalender, liebe Brigitte und ein friedvolles Weihnachtsfest, dir und deinen Lieben.
Mit lieben Grüßen
Anna-Lena
Er gehört mit in den grossen Reigen, genau! :–)
Gern geschehen, Anna-Lena.
Danke und auch dir rundum schöne, freudige Weihnachten!
Grüss dich!
Ein großes Dankeschön!
Sonja
Es war mir eine Freude.
Frohe Weihnachten, Sonja!