Adventsengel 18

Foto Brigitte Fuchs

 

 

War sie der grosse Engel
Der neben mir ging?

Oder liegt meine Mutter begraben
Unter dem Himmel von Rauch –
Nie blüht es blau über ihrem Tode.

Wenn meine Augen doch hell schienen
Und ihr Licht brächten!

Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz
Ich würde es über ihr Grab hängen.

Aber ich weiss einen Stern,
Auf dem immer Tag ist
Den will ich über ihre Erde tragen.

Ich werde jetzt immer ganz allein sein
Wie der grosse Engel,
Der neben mir ging.

 

 

Else Lasker-Schüler (1869-1950) deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin
Gedicht von 1911, aus „Werke und Briefe“

 

 

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24 Antworten auf Adventsengel 18

  1. merlin sagt:

    eindrückliche zeilen über verlust und alleinsein.
    wenn die eltern gegangen sind, dann steht man selber in der ersten reihe.
    schön die zeile mit dem stern auf dem immer tag ist.
    herzliche grüsse zu dir durch den erwachenden tag.

    • quersatzein sagt:

      Ja, das ist eindrücklich und schildert das Leben, das sich im Alter, so ganz ohne Elternteil, ziemlich eng und beschränkt anfühlt.
      Aber es tut gut, sich die „Gegangenen“ als grosse Engel vorzustellen – die sie früher ja auch für uns waren.
      Einen herzlichen Gruss auch in deinen Tag!

  2. mona lisa sagt:

    Die letzte Strophe drückt sehr viel Hoffnungslosigkeit und Resignation aus.
    Möge es Ausdruck einer Trauer sein, mit der das lyrische Ich zu leben lernt.
    Herzliche Grüße

    • quersatzein sagt:

      Ich glaube, bei dieser Schriftstellerin waren die letzten Jahre mehrheitlich traurig und aussichtslos. Aber so genau weiss ich das natürlich nicht.
      Jedenfalls beschreibt sie im Gedicht eine spürbare Traurigkeit.

      Herzliche Grüsse auch zu dir.

  3. seelenruhig sagt:

    so traurig am frühen Morgen! Else Lasker-Schüler vermag mich immer ins Herz zu treffen.

  4. quersatzein sagt:

    So geht es mir auch.
    Man muss ich nach dem Lesen grad wieder ein wenig aufrappeln, nicht wahr!
    Einen lieben Gruss zu dir.

  5. Edith Hornauer sagt:

    Diese Autorin berührt oft dort, wo es weh tut. Sie fühlt sich ein in ihre Gedichte, ich mag sie sehr. Sie drückt ihre Liebe zu ihrer Mutter aus – das Fehlen, das, was sie tun würde, um ihr gut zu tun noch im Tod.
    Beides hast du fein ausgesucht, liebe Brigitte. Lächel, du siehst, auch aus meiner Auszeit komme ich her, um mir für den Tag einen Engel zu holen von dir.
    Danke, mit herzlichem Gruß von mir.

  6. quersatzein sagt:

    Das freut mich, Edith, dass du hierher kommst auch in deiner Blogpause.
    Mich berühren die Gedichte von Else Lasker-Schüler auch sehr.
    Sie muss eine ganz besondere, wenn auch eine eigenwillige und exzentrische Frau und Künstlerin gewesen sein. :–)
    Einen lieben Heutegruss zu dir.

  7. Luitgard sagt:

    Eine großartige Dichterin! Und ein schönes Gedicht von der großartigen Frau!

    Grüße Luitgard

  8. quersatzein sagt:

    Das finde ich auch.
    Danke, Luitgard, und liebe Retourgrüsse zu dir.

  9. Andrea sagt:

    sehr traurig und ohne einen funken hoffnung.
    da fällt man beim lesen fast auch auseinander und muss sich dann wieder zusammensetzen.

    liebe grüße, andrea

  10. Gerhard sagt:

    Seitdem man Menschen Menschen nennen kann, sind 600 Milliarden von ihnen gestorben. Und jedes Mal Tragik und Unglück.
    Erst in letzter Zeit denke ich an drei Frauen, dabei meine Mutter, denen ich verpflichtet bin, mein Leben möglichst ordentlich weiterzuleben.

    Liebe Grüsse
    Gerhard

  11. quersatzein sagt:

    Danke, Gerhard. Das gefällt mir, jemandem (über den Tod hinaus) verpflichtet zu sein, sein Leben möglichst gut zu bestreiten.

    Sei lieb gegrüsst!

  12. PepeB sagt:

    Puh, ein Gedicht, das einen umwirft.
    Und wie Du schon schreibst, liebe Brigitte, man muss sich danach erst mal wieder aufrappeln.
    Aber es sind natürlich ganz großartige Zeilen.
    Herzliche Grüße
    Petra

  13. quersatzein sagt:

    So ist es.
    Ein Dankeschön dir, Petra, und lieben Gruss.

  14. Hausfrau Hanna sagt:

    Gedichte,
    liebe Frau Quersatzein,
    können Trost und Stütze sein. So wie dieses von E. Lasker-Schüler.
    Das mich vor vielen Jahren nach dem Tod der Eltern, die
    innerhalb von 13 Monaten gestorben waren, ‚begleitet‘ hat.
    Mit einem Danke für das Gedicht und das eindrückliche Bild des Engels und lieben Grüssen
    Hausfrau Hanna

  15. quersatzein sagt:

    Es ist schön, liebe Hausfrau Hanna, dass das Gedicht damals ein Trost für Sie war und wohl immer noch ist.
    Lieben Dank ebenfalls und herzliche Grüsse.

  16. Sonja sagt:

    Nach dem Tod der Mutter empfindet sie sich als ganz allein, die Dichterin. Da könnte ich ihr beipflichten, in gewissem Sinne ist das so. Ach, das Gedicht bringt mich sehr zum Nachdenken.
    Als Erlösung dieser riesengroße, begleitende Engel – wie gut!
    Liebe Grüße von
    Sonja

  17. quersatzein sagt:

    Stimmt, Sonja, man kann sehr nachdenklich werden bei diesem Gedicht.
    Lieben Dank und Gruss zu dir.

  18. Anna-Lena sagt:

    Das Fehlen meiner Mutter, die für mich oft wie ein großer Engel war, wird mir gerade jetzt wieder sehr bewusst, wird es doch das zweite Weihnachten ohne sie sein.
    Und trotz aller Traurigkeit tun diese Zeilen gut. Sie erinnern an die vielen Engel in unserem Leben, die wir oft nicht wahrnehmen.

    Liebe Grüße dir,
    Anna-Lena

  19. quersatzein sagt:

    Ja, sie fehlen auch mir immer wieder schmerzlich, der Vater und die Mutter sowie auch eine Schwester, die bereits gehen musste.
    Ich stelle sie mir gerne auch als eine Art Engel vor.

    Dir einen schönen neuen Tag, Anna Lena, und lieben Gruss.

    • Anna-Lena sagt:

      Es ist schon sonderbar, wenn die, die noch auf Erden sind, immer weniger werden. Mein Vater ist bald 25 Jahre tot, er fehlt mir auch immer noch, aber die Mutter bleibt die Mutter.

      Alles Liebe dir und lass uns versuchen, noch ein wenig zu bleiben …
      😉 .

  20. quersatzein sagt:

    Das habe ich vor, Anna-Lena. :–)

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