Adventsengel 17

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Ich liess meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde gross:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloss.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, –
und er liess mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt …

Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,
kann er frei seine Flügel entfalten
und die Stille der Sterne durchspalten, –
denn er muss meiner einsamen Nacht
nicht mehr die ängstlichen Hände halten –
seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.

 

Rainer Maria Rilke (1875-1926) österreichischer Dichter deutscher und französischer Sprache

 

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25 Antworten auf Adventsengel 17

  1. Andrea sagt:

    Ja, Schutz ist oft einmal etwas Ambivalentes … vor allem, wenn er (eigentlich) nicht mehr nötig ist. Denn dann hemmt er und zwar beide an ihrer Entwicklung: den Schützenden und den Geschützten.
    Da stimme ich zu! 🙂

    Liebe Grüße, Andrea

  2. quersatzein sagt:

    Dem stimme ich ebenfalls zu, Andrea.
    Zu viel Schutz ist Bevormundung. :–)

    Einen lieben Gruss zu dir.

  3. mona lisa sagt:

    Miteinander, voneinander lernen und sich dabei noch langsam erkennen –
    welch wunderbare Möglichkeit.
    Herzliche Morgengrüße

  4. quersatzein sagt:

    Auch dieser Aspekt macht das Rilke-Gedicht wertvoll, oh ja.
    Herzliche Morgengrüsse zurück zu dir, Mona Lisa.

  5. Edith Hornauer sagt:

    Beide haben sich erkannt und voneinander *profitiert*, wenn man dieses Wort dazu verwenden mag – beide haben eine Erlösung gefunden.
    Ja, der Rilke lässt Raum zum Nachdenken.
    Liebe Brigitte, dir einen guten Tag
    herzlichst, Edith

  6. Eva sagt:

    Loslassen können und weitergehen – wie einfach und wie schwer, aber wie notwendig für beide, ob Menschen oder Engel …

    Liebe Grüße von Eva

  7. merlin sagt:

    ein form von beidseitiger emanzipation 😉
    man könnte es modern auch als win-win-situation bezeichnen.
    gut so!
    einen herzlichen morgengruss zu dir 🙂

  8. Valentina sagt:

    Ein wunderbares Gedicht, das mich durch den Tag begleiten wird.
    Einen herzlichen Gruss und Dankeschön, liebe Brigitte!

  9. seelenruhig sagt:

    zutiefst berührend – dieses „im Alter reifen“ und für sich selbst einstehen.
    liebe Grüße von Ellen – Dienstag schon …puh!

  10. quersatzein sagt:

    Genau. So empfinde ich das auch, Ellen.
    Einen ganz lieben Gruss zu dir.
    Tja, die Zeit eilt gefühlsmässig mehr denn je…

  11. Gerhard sagt:

    An einen Engel glaubte ich nie
    das war wohl bei uns zuhause
    nicht üblich.

    Liebe Grüsse
    Gerhard

  12. quersatzein sagt:

    Das ist bei mir ähnlich. Aber die Vorstellung, dass es so sein könnte, gefällt mir.
    Ich glaube vor allem an die Menschen, die sich als wahre Engel erweisen.

    Einen lieben Gruss zu dir.

  13. PepeB sagt:

    Welch ein wunderbarer Tanz von Nähe und Loslassen, das Gedicht berührt mich bei jedem Lesen zutiefst.
    Liebe Grüße
    Peetra

  14. Luitgard sagt:

    Ein wunderschönes Gedicht! Und FREIHEIT ist doch was schönes!

    Grüße Luitgard

  15. Sonja sagt:

    Zu Beginn des Lesens gedacht, dass Brigitte wieder so wundervolle Worte gefunden hat, ach, das Poem ist von …
    Liebe Grüße von Sonja

  16. Hausfrau Hanna sagt:

    Ein Gedicht,
    liebe Frau Quersatzein,
    das mich tief berührt!
    Und das ich gleich nochmals lese.
    Mit einem Dankeschön in den heutigen Tag und vielen lieben Grüssen
    Hausfrau Hanna

  17. quersatzein sagt:

    Ja, das kann man mehrmals lesen, liebe Hausfrau Hanna, und es bleibt schön und anrührend!
    Viele liebe Grüsse auch zu Ihnen in die Stadt am Rhein.

  18. Finbar sagt:

    Schön, das mit dem Engel.
    Ich denke, dass mich ein Schutzengel oft begleitet hat, sonst würde es mich wohl schon lange nicht mehr geben …
    Feiner Rilke und feines Bild von dir.
    Liebe Grüße vom Finbar

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