Vereinsamt

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein, –
Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!

Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?

Die Welt – ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.

Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.

Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton! –
Versteck, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein, –
Weh dem, der keine Heimat hat!

 

Friedrich Nietzsche (1844-1900) deutscher Philosoph, Essayist,Lyriker und Schriftsteller

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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24 Antworten auf Vereinsamt

  1. waldviertelleben sagt:

    ja. weh dem, der keine heimat hat.
    schlimm für viele menschen.
    liebe grüße
    ingrid

  2. rosadora sagt:

    der nietsche ist ein dunkler philosoph
    deine fotos lassen die sonne erhoffen
    und schnee ist auch ganz schön
    und keine heimat haben
    ist auch bei sonnenschein nicht unbedingt schön
    ich halte mich an deine fotos
    rosadora

  3. merlin sagt:

    einsam im winter zu sein,
    keine schöne vorstellung.
    nestwärme und geborgenheit,
    das wünscht man allen menschen.
    glg. in den tag.

  4. Quer sagt:

    Genau, Merlin. Deine Wünsche teile ich.
    Einen lieben Gruss aus der Nestwärme.

  5. Eva sagt:

    Die Monde um diese Zeit haben etwas sehr Einsames um sich, das ist wahr …

    Nachdenkliche Grüße von
    Eva

    • Quer sagt:

      Die Sonne auch, liebe Eva, denn die versuchte sich hier etwas „Ansehen“ zu verschaffen, konnte aber den Wolkenvorhang nur kurz zur Seite schieben…

      Einen lieben Gruss in deinen Tag.

  6. PepeB sagt:

    Glücklich, wer jetzt ein Zuhause hat. Ein Glück, das alle Menschen haben sollten.
    Ansonsten bin ich fasziniert von Nietzsches Wendung „schwirren Flugs“.
    Aus dem Nieselschnee
    Petra

  7. Quer sagt:

    Ja, Nietzsche war auch ein Poet!
    Liebe Grüsse durchs diffuse Nebellicht.

  8. Roswitha sagt:

    dieser text passt zur pandemie, hoffnung suchen ist not-wendig! es wird wieder einen frühling geben…
    bleibe gesund, gruss roswitha

  9. Quer sagt:

    Klar, wir bleiben optimistisch, unbedingt!
    Bleib auch gesund, Roswitha!
    Lieben Gruss.

  10. Valentina sagt:

    Welch düsterer Vogelgesang da durch die Baumwipfel ertönt und die Sonne scheint keine Chance gegen den Nebel zu haben. Stark!

    Wie schön, heute die sonnenbeschienene Umgebung zu betrachten.
    Ein lichter Gruss aus dankbarem Gemüt.

    • Quer sagt:

      Stimmt schon, Valentina: Düstere und heitere Szenarien wechseln sich im Winter schnell ab.
      Wir warten heute noch etwas auf die Leuchtkraft der Sonne…

      Geniess den Tag und sei lieb gegrüsst!

  11. Gerhard sagt:

    Schwirren Flugs, diese Wortschöpfung, sie taucht zu Anfang und zum Schluß recht drohend auf.
    Sehr eindrücklich, dieses Gedicht!

  12. Quer sagt:

    Dieser Meinung bin ich auch, Gerhard.
    Nietzsche hat echt starke Gedichte geschrieben.
    Danke und lieben Gruss.

  13. mona lisa sagt:

    Hört sich ein wenig nach Rilke an 😉
    Schnee wird schon seit Tagen angekündigt, doch bis in die Niederungen des Ruhrgebietes kommt er nicht – leider.
    Eine geschlossene Schneedecke empfinde ich immer als gnädig, mild.
    Liebe Grüße

    • Quer sagt:

      Findest du? Für mich hat Rilke einen etwas anderen, geschliffeneren „Sound“.
      Aber von der Hand zu weisen ist es natürlich nicht.
      Ja, hier hat die geschlossenen Schneedecke unterdessen auch ziemlich gelitten. Mal sehen, ob nächstens noch etwa Weiss dazu kommt.
      Lieben Nachmittagsgruss zu dir.

  14. Anna-Lena sagt:

    Deine Bilder spiegeln das Bild draußen, so wie es momentan auch bei uns aussieht, grau-in-grau, ein wenig bedrohlich und beängstigend.
    Dazu die wenig aufbauenden Texte des frühen Philosophen – ein wenig schauerlich.
    Da ist es auch nicht einfach bunte Gedanken aufkommen zu lassen.

    Kommen wir gut durch diese Tage, liebe Brigitte.
    Herzliche Grüße dir!

  15. Quer sagt:

    Inzwischen hat hier die Sonne das Zepter übernommen und alles sieht weniger drastisch aus. Mir gefällt das Gedicht trotz seines schwermütigen Inhalts.
    Ich finde, Motivations- und Heileweltlyrik gibt es genug. ;–)

    Ja, kommen wir gut durch diese teils sehr bedrückenden Tage!
    Ebenfalls herzliche Grüsse.

  16. Helmut sagt:

    Diese Sicht des Winters – ach so viele Menschen haben sie heute – immer noch!

    Liebe Grüße
    Helmut

  17. Quer sagt:

    …müssen sie vielleicht haben, weil nicht alle Obdach, genügend Nahrung und Schutz geniessen. – Leider!

    Ebenfalls liebe Grüsse.

  18. Stefanie sagt:

    Ob sich die Menschen in Moria wohl so fühlen? Als sei es für sie geschrieben.

  19. Quer sagt:

    Oh ja, das stimmt, Stefanie, und macht sehr, sehr betroffen!

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